Irgendjemand fragt mich eigentlich ständig: “Warum fotografierst du Akt?” Meist antworte ich darauf: “Weil ich es kann.” Zugegeben, das ist keine sehr erschöpfende Antwort, aber sie macht Spaß 😉 Aber was will man auf so eine Frage auch schon antworten? Eigentlich würde er doch am liebsten hören: “Weil ich nackte Frauen sehen möchte.” Dann wäre das vorhandene Vorurteil bestätigt und er (oder sie) könnte befriedigt nach Hause gehen. Die ehrliche und für Außenstehende vielleicht auch etwas schwer zu verstehende Antwort, wollen die meisten ja sowieso nicht hören und/oder glauben sie dann doch nicht.

Ich muss allerdings gestehen, dass ich mir selbst auch erst im Klaren darüber werden musste. Ganz so leicht ist die Frage dann doch nicht zu beantworten. Ist es das Spiel von Licht und Schatten auf der nackten Haut? Die Reduktion des Abgebildeten auf das Wesentliche? Der Reiz des Anrüchigen? Oder doch einfach der Mann im Fotografen? Sicherlich spielt jeder der genannten Punkte eine Rolle in der Beantwortung dieser Frage und die Wahrheit liegt wie immer irgendwo zwischendrin. Aber da ist auch noch viel mehr:

 

Aktfotografie ist schwierig

Die ästhetische Fotografie unbekleideter Menschen zählt nicht umsonst zu den schwierigsten Bereichen überhaupt. Von der Pose, über die Umgebung bis hin zum richtigen Licht verzeiht diese Disziplin keine Fehler. Und glaubt mir, ich weiß von was ich rede, etliche davon habe ich schon selber verzapft 😉 Das dürfte für mich wohl einer der wichtigsten Gründe sein. Ich liebe Herausforderungen. Und das ist in der Fotografie definitiv eine der größten überhaupt.

Aktfotografie ist ehrlich

Da ist nichts hinter dem sich das Model verstecken kann. Es zählt einzig und alleine die Ausstrahlung der Person vor der Kamera und natürlich die Fähigkeit des Fotografen diese in Szene zu setzen. Ein Aktshooting bedarf einer Vertrauensbasis zwischen Model und Fotograf um richtig zu gelingen. Der soziale Aspekt spielt eine wichtige Rolle und darf keinesfalls zu kurz kommen wenn das Ergebnis zufriedenstellend werden soll.

Aktfotografie ist vielseitig

Auch wenn Unbedarfte es im ersten Moment nicht glauben wollen, so bietet die Aktfotografie doch ein unheimlich großes Spektrum an Möglichkeiten. Ein ästhetischer Akt kann an allen möglichen Orten, zu allen möglichen Uhrzeiten entstehen und dabei jede Menge unterschiedliche Emotionen transportieren. Akt ist nicht gleich Nackt. Schon durch das gezielte verdecken einzelner Körperregionen kann der Betrachter neugierig gemacht werden. Alleine die Möglichkeiten um das zu erreichen sind so vielfältig, dass man damit ein Buch füllen könnte.

Ich liebe Aktfotos mit Stil

Last but not least, sicherlich einer der ausschlaggebendsten Gründe. Unabhängig vom Geschlecht der abgebildeten Personen ist ein gutes und ästhetisches Aktfoto schön anzusehen und fesselt den Betrachter. Aber was zeichnet ein gutes Aktfoto aus? Zumindest für mich kann ich diese Frage ganz klar und deutlich beantworten. Auf keinen Fall kommt es plump oder billig daher, sondern es respektiert die abgebildeten Personen. Es strahlt Ruhe, Ästhetik und Harmonie aus, wobei es hier beim ersten Punkt sicherlich die eine oder andere Ausnahme gibt. Auch dynamische Aktbilder können durchaus schön sein. Sinnlichkeit und Erotik sind dagegen keine zwingendes Hauptmerkmal eines guten Aktfotos, gehen aber nicht selten damit einher.

Das Wesen des Menschen bei der Aufnahme sichtbar zu machen, ist die höchste Kunst der Fotografie. – Friedrich Dürrenmatt

Wenn ich in der Fotografie überhaupt konkrete Ziele habe, dann ist das sicherlich eines davon. Die genannten Punkte gelten übrigens für Männer und Frauen gleichermaßen. Ich habe mich ebenfalls schon an Männern versucht. Auch wenn die Ergebnisse durchaus zufriedenstellend waren, so stelle ich doch immer wieder fest, dass ich bei Frauen einfach den besseren Blick für Details habe. Aber wenn mich meine Beobachtungen nicht trügen, dann ist es anscheinend relativ normal, dass Männer ansprechendere Frauenportraits erstellen, während weibliche Fotografen dafür ein besseres Händchen für männliche Models haben. Da dürften die sexuelle Orientierung und der persönliche Geschmack wohl nicht ganz unschuldig sein. Wir wissen halt doch selbst am besten was uns gefällt 🙂

Natürlich ist die ganze Thematik hier nur sehr reduziert dargestellt und man könnte noch jede Menge weiterer Punkte finden und ausführlich darlegen. Bekanntlich lasse sich ja auch ganze Bücher mit diesem Thema füllen. Aber ich hoffe ich habe etwas deutlich gemacht, worin für mich der hauptsächliche Antrieb bzw. der Reiz der Aktfotografie besteht. Wenn ihr Fragen oder Meinungen dazu habt, dürft ihr mir natürlich gerne eine Nachricht schreiben oder einen Kommentar hinterlassen.

* Anmerkung: Die Antwort “Weil ich es kann.” bezieht sich natürlich auf die Möglichkeit und nicht meine (Un)Fähigkeiten 😉